Trail Running Competition - Schweriner Seentrail
An diesem Sonntag, an dem der kühle Nordwind die frische Seeluft der Ostsee bis ins Rostocker Umland trägt, ist die Sicht klar und weit: Es scheint der perfekte Moment, um seine Gedanken zu ordnen und Erlebtes zu rekapitulieren. Ich war bereits 2,5 Stunden locker Radfahren. Erst war es wirklich sehr kalt und ich war ein wenig unsicher darüber, ob die heutige Einheit nach dem gestrigen Traillauf über 33 Kilometern Länge gut zu bewältigen sein würde. Doch es handelte sich wohl um aktive Regeneration. Die Bewegung auf dem Fahrrad ist schließlich auch eine andere als jene beim Laufen.
Der Schweriner Seentrail, der gestern stattfand, war meine erste Teilnahme an einem solchen Lauf. Doch ich wusste wirklich nicht, worauf ich mich bei der Teilnahme an einem Trailrun eingelassen hatte. Letzten August nahm ich relativ spontan an meinem ersten Marathon teil. Mit einer Zeit von 3:27 war auch das Ergebnis für mich in dem Moment zufriedenstellend. Im Dezember konnte ich dann bei einem Halbmarathon in Berlin, den Nikolauslauf am Schlachtensee, überraschend Dritter werden. Wir liefen bei dem Lauf fast ausschließlich auf Schnee und Eis und mit einer Zeit von 1:26min konnte man bei diesen Bedingungen auch zufrieden sein.
Ich dachte also, dass ich für die 33 Kilometer Strecke um den Schweriner See gut vorbereitet sei. Am Mittwoch lief ich ein letztes Intervalltraining. Die 200 Meter Sprints verlangten meiner Beinmuskulatur jedoch Einiges ab und es stellte sich Muskelkater ein, der bis zum Rennstart nicht weichen wollte. Gleichzeitig fühlte ich trotz einiger Müdigkeit in den Beinen eine gewisse Grundkraft, die mich zuversichtlich an den Start gehen ließ.
Im Vorfeld des Wettkampfs hatte ich mir einige Gedanken über die optimale Ernährung gemacht. Da ich die Trainingsläufe oft nach der Arbeit und einem oft großen Mittagessen am Nachmittag aboslvierte, fühlte ich mich irgendwie nie wirklich leicht und leistungsfähig. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich mit leerem Magen viel schneller laufen könnte. So genehmigte ich mir am Morgen vor dem Lauf ein vergleichsweise kleines Frühstück bestehend aus zwei Bananen, ein paar Walnüssen und Heidelbeeren - so ein richtig leichtes Läuferfrühstück, das mich die Hürden des Trails locker nehmen lassen sollte. Den Lauf wollte ich leicht bekleidet und ohne viele Gels usw. mit mir rumzuschleppen bestreiten. Dieser minimalistische Ansatz gefällt mir im Allgemeinen. Doch es sollte sich herausstellen, dass dies ein großer Fehler war.
Konnte ich mich während meiner längeren Trainingseinheiten immer auf meine körperlichen Reserven verlassen, so fiel ich bei diesem Wettbewerb nach ungefähr 24/ 25 Kilometern in ein großes Loch. Ich war schnell und ganz vorne gestartet und dabei von Christian Diskowski gepuscht, der meist neben mir, kurz vor oder kurz hinter mir lief. Er wies mich teils sogar auf gefährliche Wurzeln auf der Strecke hin, was ich sehr sportsmännisch fand.
Nach ca. 10 Kilometern wurden wir dann von einer sehr sympathischen Laufgruppe aus Südthüringen überholt. Auf den darauf folgenden Kilometern wurde es sehr trailig. Glitschige Hänge, umgestürzte Bäume und allgemein viel Matsch sowie viele Hügel machten das Trail-Erlebnis perfekt. Ich verlor die Führungsgruppe und schien für eine Ewigkeit allein durch den Wald zu laufen - zu meiner linken Seite das Rauschen der kleinen Wellen des Schweriner Sees, die am wilden Ufer brachen, zu meiner rechten ein Steilufer, von dichtem Wald bewachsen. Die Zeit schien still zu stehen.
Bild von ttfoto.de |
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Ich versuchte so wenig wie möglich auf die Uhr zu schauen und mich einfach auf die Strecke zu konzentrieren. Die Pace fiel hier leider schon auf über 5:00. Als es bei Leezen einen langen Hügel hochging, merkte ich wie meine Kraft schwand. Zuvor hatte ich am Verpflegungspunkt 2 noch in aller Eile einen halben Becher Wasser getrunken, um keine Zeit zu verlieren. Wahrscheinlich hätte ich hier schon etwas essen sollen... Bergab nach Rampe wurde mein Tempo wieder höher. Doch irgendetwas fühlte sich anders an als sonst. Auf dem Paulsdamm hinter Rampe stellte sich ein Gefühl ein, dass ich zuletzt bei einer 50 Kilometer Radtour von Rostock nach Güstrow vor ein paar Jahren gefühlt hatte: Hungerast!
Meine Arme begannen zu kribbeln, jeder Schritt fühlte sich so schwer an! Ich hatte für den Notfall ein kleines Manuka-Honiggel in der Hintertasche meiner Laufshorts deponiert. Ich versuchte den Reißverschluss beim Laufen zu öffnen, schaffte es die Packung herauszuholen, aber konnte sie kaum öffnen. Mir fehlte einfach die Kraft. Da wusste ich, dass es von nun an nur noch darum ging, irgendwie ins Ziel zu kommen. Ich wurde nun auch das erste Mal wieder überholt, und zwar von Christian, dem ich versuchte ein "sehr gut!" mit auf den Weg zu geben. Bei der Abzweigung auf dem Paulsdamm, wo die 33km-Läufer auf die 17km-Läufer trafen, war ich komplett alle. Ich schaffte es irgendwie zu Verpflegunspunkt 3, an dem ich mir gefühlt drei Nutellabrote und ein paar Kekse reinzog. Eine Cola, um die ich gebeten hatte, kippte ich um, da ich den Becher einfach nicht mehr halten konnte. Meine Pace fiel hier auf 7:30.
Ich war kurz davor aufzugeben und hatte irgendwie sogar das Gefühl mich zu blamieren, wenn mich Läufer überholten. Aber das war nun "part of the game." Nach ein paar Kilometern, an denen ich immer wieder ans Aufgeben dachte, wurde ich wieder etwas schneller und konnte den Lauf irgendwie beenden. Ein Highlight war, als ich meinen Vater ca. 500 Meter vor dem Ziel sah. Er feuerte mich an und lief sogar mit mir mit.
Sehr enttäuscht und doch um einige Erfahrungen reicher kam ich so als 9. mit einer Zeit von 2:37:02 ins Ziel. Ich denke, dass mehr drin gewesen wäre. Letztendlich lag es vor allem an der falschen "Fueling-Strategie". Der Körper braucht also doch besonders viel Energie für solche Strecken.
Ein Rennen ist immer eine Ausnahmesituation. Wir erleben unterschiedliche Gefühlslagen, lernen über unsere Kräfte hinauszugehen.
Ich freue mich sehr für die Sieger aus Südthüringen, allen voran Robin Zehner, der als Sieger eine Top-Zeit von 2:18 vorlegte.
Für mich war das ganze ein großes Lehrstück und ich freue mich darauf, das Gelernte in die Praxis umzusetzen, zu experimentieren und es zu schaffen, das Beste aus mir heraus zu holen und gleichzeitig auf den Körper zu achten.
Ein besonderer Dank gilt den Organisatoren dieser tollen Veranstaltung!
https://my.raceresult.com/259289/results#2_601309
Mehr Infos zur Veranstaltung:
https://www.schweriner-seen-trail.com
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